Gastronomie im Land der Private Equity
Immer mehr Beteiligungsgeld fließt in die Branche. Überall, wo man hin sieht, entstehen neue Brands. In’s Auge fallen diese vor allem durch toll ausgearbeitetes Design, perfekten Onlineauftritt inkl. Listung bei allen gängigen Lieferdiensten. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Foodprodukte dieser Newcommer weniger auf sit in als mehr auf to go konzipiert worden sind - und so schmecken sie auch meistens.
Neben der dort verbraucht wird, der auf Effektivität des Wareneinsatzes getrimmten Speisekarte und dem kontinuierlich wechselnden Personal ohne jede Kenntnis ist doch vor allem eines auffällig: die aggressive Marktdurchdringung. Alle paar Wochen macht an einem anderen Standort ein neues Outlet auf.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, ich habe nichts gegen Wachstum. Was mir allerdings in diesem Fall in Gänze fehlt ist fast immer die Kundenorientierung. Wir waren mal Gastgeber. Zumindest bin ich vor 40 Jahren so angetreten. Kein Weg war uns zu weit, kein Wunsch zu kompliziert und kein Arbeitstag zu lang. Das Trinkgeld was spitze. Ich hab davon monatelange Reisen finanziert. Amerikanisches System eben. Wer gut gekellnert hat, wurde auch sehr gut dafür belohnt. Wir haben den netten Gästen die Wünsche von den Augen abgelesen. Wenn ich heute in einem dieser besagten Systemer einen Wunsch äußere, dann zuckt man die Schulter, weil es gibt eben nur einen Standard. Das nehme ich zur Kenntnis und werde dann nicht zum Kunden.
Alles in allem wäre das auch garnicht weiter schlimm, nur: wo Geld ist, wird auch Geld verdient. Gut laufende Individualisten werden gekündigt oder nicht verlängert, weil das bessere Geschäft mit einem Pächter verdient wird, der zwar dort an diesem Standort (und vielleicht auch an vielen weiteren) kein Geld verdient, aber eben welches ausgeben kann, weil die Wachstumsrate stimmt und immer wieder Investoren in Finanzierungsrunden vom guten Konzept überzeugt werden können.
Aber: wo ein Trend, da auch ein Gegentrend. Und schon heute prophezeie ich vielen dieser Brands kein langes Leben. Meiner Meinung nach werden die Kunden wieder zu Gästen, einfach weil sie es so wollen. Der Markt wandelt sich gerade extrem. Viele kleine Läden, die mit wenig Aufwand betrieben werden können, wachsen in den Städten wie die Pilze aus dem Boden. Diese Delis, Foodkioske, Suppenküchen sind spitze. Weil sie mit Herzblut von Menschen geführt werden, die mehr wollen, als Geld verdienen. Die Gemeinschaft wollen, die unsere Welt ein bisschen besser machen möchten, die einen Beitrag zum Gesamten beisteuern. Und zwar echt, ab von allem Greenwashing. Dort zu essen, das macht Spaß. Und es macht satt: den Magen und die Seele.